von Michl Kraeftner am 3.7.2014
Flo hatte schon recht: „Ich weiß wirklich nicht mehr, wie oft ich an dieser Wand schon vorbei gegangen bin“! Nur diesmal war Flo dabei und vorbei gehen war keine Option mehr…
Die Tage Mittwoch bis Freitag waren sehr gut angesagt, mit dem Mittwoch als dem besten. Somit war klar: Wecker auf 0200 Uhr, Jimmy, den Bergführer, mit seinen Klienten eine Stunde vorher weggehen lassen, die Spur der Drei (sie hatten das Rifugio Gnifetti über die Signalkuppe im Sinn) über den stark zerrissenen Grenzgletscher in der Nacht ausnutzen, und wenn`s hell wird: Attacke Richtung Liskamm Nordwand! 🙂
Perfekt getimt standen wir nach knapp 2,5 Stunden beim Einsteig- Wetter klar und sonnig, die Wand vor uns 800 HM hoch, viele Blankeisstellen- super! Wo es blank ist, kannst gut sichern- ist zwar härter zum klettern, macht aber auch viel mehr Spass!
Den unteren Teil gingen wir oft gleichzeitig am Seil, im oberen Teil ließ unserTempo ob der großen Höhe und der langen Tour vom Vortag jedoch ein wenig nach. Das Wetter war jedoch noch immer perfekt und die wirklich steilen Längen ein wahrer Klettergenuss.
Doch plötzlich fanden wir kein Eis mehr, sondern recht grundlosen Tief/ Neuschnee vor. Und da wurde es wirklich mühsam: keine vernünftigen Sicherungsmöglichkeiten mehr, ein Eisgerät als „toten Mann“ vergraben war mehr eine moralische Sicherung. Flo grub sogar mal einen Schi in eine Spalte ein, die ich „überraschend“ im obersten Drittel auf getreten hatte! Diese Seillängen kann man mit dem Titel umschreiben: „Stürzen verboten“. Oft hatte ich beim vorausklettern den Eindruck, auf einem 800 Meter hohen, 60° steilen Kirchendach zu stehen und im Schnee hinauf zu spuren, ohne zu wissen, ob mein Tritt überhaupt standhält- sehr unangenehm!
Doch irgendwann war auch das vorbei- die erste gescheite Eisschraube in der vorletzten Seillänge wieder mal einzudrehen, hatte schon was seehr Beruhigendes. Am Gipfelgrat und auch schon die letzten 300 HM davor das mittlerweile gleiche Bild: Sicht gleich NULL- warum anders als gewohnt? 😉
Den Gipfel auf 4.527 m nahmen wir nur undeutlich wahr.
Dennoch war es diesmal ein wenig anders: wir kannten den Abstieg über den Ostgrat nicht. Jimmy meinte zwar, bei guten Bedingungen sind wir in einer Stunde unten am Lysjoch (4.151m) und vielleicht sogar mit Schi noch schneller, aber was wir sahen, war- NIX! Diesmal hielten wir uns sträflich an unsere Suunto und an die Karte und
robbten fast nach unten, als wir gingen. Der Grat wurde zwar flacher, dafür die Gratschneide umso spitzer und überwechteter.
Undenkbar, da mit Schi zu fahren bzw. „geht’s do wirklich owi“?
Wir sicherten uns wieder mit dem Seil, kletterten diesen sausteilen Grat waagrecht Richtung Osten weiter und hofften, bald mal da runter zu kommen. Durch die „Wühlerei“ im tiefen Schnee fror sich Flo ein paar Fingerkuppen an, das dementsprechend weh tat. Um 1800 Uhr suchten wir uns schon vorsorglich ein passendes Fleckchen unter einer „Riesenschaumrolle“ als Biwak aus.
Doch irgendwie wurde es leichter. Wir sahen zwar noch immer nichts, aber wir konnten nun beidseits vom Grat gleichzeitig absteigen. Und nach Überwindung der Randkluft standen wir plötzlich annähernd im Flachen auf 4.200 m Höhe. Gleichzeitig öffnete sich ein kleines Nebelfenster und gab den Blick nach Süden frei.
Also: wie am Vortag- so schnell als möglich anschnallen und runter Richtung Italien! Der Rückweg über den Grenzgletscher verbot sich von selbst, und die Aussicht auf ein warmes Essen im Rifugio Gnifetti (3.648m) war seehr verlockend. Und könnte es auch anders sein: Die Abfahrt war wiederum ein Traum! Nach insgesamt über 15 Stunden Quälerei im „Irgendwo“ trafen wir Jimmy mit seinen beiden Kunden in der Gnifetti und konnten uns mit Genuss ein paar TAB`s genehmigen (Tourenabschlussbiere).
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die Fotos könnt ihr hier sehen:
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4 Kommentare
stocki · 9. Juli 2014 um 09:41
sehr geil
admin · 9. Juli 2014 um 18:30
Danke! Das war`s wirklich! 🙂
flo · 6. Juli 2014 um 17:03
cooler Bericht. Sind doch ein paar Klettermeter di ma do gomocht hobn….
admin · 7. Juli 2014 um 12:44
Dafür waren`s super Klettermeter! Wobei- wenn ich an den Ostgrat denke… 😉