von Michl Kraeftner am 21.11.2010

Rechtzeitig vor dem Winterbeginn möchte ich euch einen Überblick zu den Möglichkeiten im Rax- Schneeberggebiet geben.

Dieser Beitrag wurde bereits 2006 in leicht abgeänderter Art beim meinen Freunden auf www.bergsteigen.at gepostet.

Der Schneeberg (2.075 m) ist der östlichste Zweitausender und zugleich die mächtigste Erhebung der Wiener Hausberge. Die Rax (2.007 m) ist durch das Höllental vom benachbarten Schneeberg getrennt. Ihre plateauartige Hochfläche bricht nach allen Seiten mit steilen Wänden ab und ist daher ebenfalls hervorragend für das Steilrinnen fahren geeignet.

Fast alle Rinnen und Flanken wurden ab den späten Sechzigerjahren erstbefahren. Besonders erwähnenswert ist hier der Name Dr. Wolfgang Ladenbauer, der in dieser Zeit sicher Vorreiter in dieser Disziplin des Schifahrens war. „Hut ab“ vor seinen damaligen Leistungen!

Angeregt durch einige Artikel einschlägiger Richtung und speziell durch den „Firnwandführer“ meiner ehemaligen Flugkollegen Andi und Axel wollte ich meine Vorlieben am Berg wieder intensivieren und vorallem miteinander verbinden.
Und Steilwandfahren hat plötzlich alles, was mir – vorerst unbewusst, dann ganz konkret, unheimlichen Spaß macht: Die Verbindung von schnellen Aufstiegen mit den Schiern oder mit der Eisausrüstung und anschließender Abfahrt in (fast) jedem Gelände!
Erschwert durch berufliche und familiäre Rahmenbedingungen kommt für mich nur das leicht erreichbare Schneeberg-Rax Gebiet in Frage.

Und das entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als wahres Steilrinnen Eldorado! Abfahrtsmöglichkeiten von 300 Hm bis zu 1.500 Hm locken hier den versierten Schifahrer.
Sicherlich kennen viele von euch die Standardabfahrten Lahning Ries und Breite Ries. Aber wenn sich dort im Frühjahr die Massen tummeln und eine Buckelpiste aus der Breiten Ries machen, ist man in den wirklichen Steilrinnen alleine.
Und setzt man sich genauer mit den Rinnen und Flanken am Schneeberg auseinander, so staunt man, wenn alleine in den Bereichen der Nord- und Ostabstürze ca. 40 durchaus lohnende Befahrungen mit einer Steilheit von 38° bis knapp über 50° auf den Steilwandfahrer warten! Und da sind die fast genauso zahlreichen Möglichkeiten im Südsektor oder auf der Rax noch nicht mitgezählt.

Mittelgebirgige Besonderheiten

Doch Vorsicht: Die exponierte Lage des Schneebergs mit seinen stark wechselnden Wetterbedingungen sollte keinesfalls unterschätzt werden!
Im Gegensatz zu den hochalpinen Regionen im Westen des Landes, wo viel länger gute Bedingungen herrschen als im Osten, sind hier die Tage einer Befahrung bei vertretbaren Bedingungen viel geringer.

Es gibt Tage im Hochwinter, wo diese Rinnen durchaus machbar sind. Nur trifft man da auf sehr harte, fast vereiste Zustände – und die können lebensgefährlich sein. Ein Sturz hätte hier fatale Folgen. Und auch im Frühjahr bei Firn ist es alles andere als lustig, dort zu stürzen. Natürlich ist die beste Zeit das Frühjahr, doch auf grund der bescheidenen Höhe von 2.000 m sollte man da sehr früh aufstehen, um eine gute Abfahrt erleben zu dürfen. Und gerade im Frühjahr ist die Gefahr von Nassschneelawinen schon ab dem späteren Vormittag gegeben.

Daher sollte man sich vor einer geplanten Abfahrt genau über die Lawinensituation erkundigen. Auch beim Hinfahren zum Berg bleibe ich des öfteren stehen und sehe mir die Tour von unten genau an. Ich studiere die wahrscheinliche Abfahrtslinie – gerade in Flanken sieht man eventuelle Felsabstürze oder unfahrbare Engstellen oft nur von unten. Nach Möglichkeit ist ein Aufstieg, bei dem man bereits die Rinne oder Flanke einsehen kann, zu bevorzugen. Vor der Abfahrt versuche ich den Einfahrtsbereich aus einem anderen Blickwinkel zu erkunden- hat schon manchmal vor unliebsamen Überraschungen geholfen.

Und wenn dann alles zusammenpasst, ist es ein unglaubliches Gefühl, solche Rinnen befahren zu können!

Ausrüstungscheck

In diesem Zusammenhang möchte ich ein wenig auf die Ausrüstung hinweisen:
Pieps, Schaufel, Sonde etc. sind obligatorisch.
Bei den Schiern verwende ich leichte Tourenschi der Marke SkiTrab in 170 cm Länge. Die Schi nicht zu kurz wählen – keinesfalls die sogenannten „Steilwandschi“ in 130 cm verwenden- die sind dafür ungeeignet!
Die Schi sind deine „Lebensversicherung“- behandle sie gut – regelmäßiges Wachsen und Kantenpflege sind Voraussetzung.
Als Bindung bin ich von der Dynafit TLT überzeugt – leicht, ebenfalls unzerstörbar und vor allem – fixierbar. Eine Sicherheitsbindung in den Rinnen kann sich eher negativ auswirken. Eine Auslösung bei kritischen Verhältnissen muss vermieden werden können.
Bei den Schuhen wähle ich das aufstiegsorientiertere, leichtere Modell, obwohl das zuerst vielleicht unlogisch erscheint. Der Gewichtsvorteil bei der Aneinanderreihung mehrerer Rinnen weiß man dann zu schätzen. Für die Abfahrt ist lediglich eine Fixierung des Schaftes und eine Schnalle im Ristbereich notwendig. Tourengeher, die nicht absolut sicher am Schi stehen und vieles mit einem „schischuhartigen“ Teil wettmachen wollen, sollten nicht unbedingt ihren Genuß in den Steilrinnen suchen.
Ansonsten immer Leichtpickel und Steigeisen mitnehmen – die braucht man öfter als man denkt.
Und das Wichtigste: Der Helm! Bei knapp 250 Gramm sollte das Teil in jedem Rucksack Platz finden.

Schwierigkeitsbewertung:

Im „Schitourenführer Österreich Ost“- Alpinverlag ist eine Bewertung von I bis V sehr gut beschrieben. Ich persönlich setze diese dann mit der Felsschwierigkeitsbewertung gleich (seilfreie Begehung) und denke:

SG I – ein Sturz ist ……(noch kein großes Problem)
SG V – ein Sturz ist……(mit großer Wahrscheinlichkeit ein Riesen- Problem)

Es sollte sich jeder vor Augen führen, welche Schwierigkeit noch machbar ist, zumal bei schlechten Bedingungen die Befahrung umso schwieriger wird.

Versuch einer Zusammenstellung:

SG II:
Schneeberg: Fadenrinnen, Breite Ries, Salvisgraben, Bockgrube, Saugraben
Rax: Langermann Rinne, Nazrinne, Kesselgraben
SG III:
Schneeberg: Lahning Ries, Krumme Ries, Rote Schütt Flanke, westl. Hotelries
Rax: Großes Wolfstal, Großes Gries
SG IV:
Schneeberg: Privatries, Rotwand, Fuffziger Ries, Tunnelries Flanke, Quellensteigrinne
Rax: Heukuppe Südwestflanke
SG V:
Schneeberg: Vestenkogel, östl Hotelries
Rax: Blechmauernrinnen, Klobenwandschlucht

Tipps zum Schluss:

– Wirkliches Steilwandfahren ist nur etwas für sehr gute bis exzellente Schifahrer.
– Besonders die Schnee- und Lawinensituation beachten.
– Genau überlegen, ob man in eine Rinne einfährt oder nicht – ein Zurück ist manchmal nur schwer möglich.
– Langsam und dosiert beginnen- der erste Schwung ist oft der Wichtigste.
– Immer daran denken, dass ein Sturz böse Konsequenzen haben kann.
– Niemals alleine beginnen- mit einem erfahrenen Kollegen mitgehen und auch den Mut haben, NEIN zu sagen.
-GENIESSEN, wenn die Verhältnisse passen und FREUEN, wenn man gut unten angekommen ist!

Ich wünsche allen eine unfallfreie Schitourensaison!

PS: Einige Schmankerl wurden bereits als Touren auf www.bergsteigen.at publiziert.

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die Fotos könnt ihr hier sehen…

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Kategorien: Touren

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