Von Michl Kraeftner am 22.4.2011
Schon seit Jahren stand ein gemeinsames Projekt von Flo und mir im Raum, das immer wieder verschoben wurde bzw. anderen Schwerpunkten zum Opfer fiel. Bis gestern…
Flo kam gerade von einer erfolgreichen Eiger N- Wand Besteigung zurück, der schneearme Winter ließ die Ortler Wand in Blankeis glitzern, der Kaltlufteinbruch am vergangenen Wochenende bescherte eine tiefe Null- Grad Grenze und die Wettervorhersage für die Osterwoche war perfekt. Und das Beste: alle konnten sich die notwendigen zwei Tage für den Berg frei machen!
Ganz wichtig war uns zudem eine Besteigung vom Talort aus, ohne Hüttennächtigung, in einem Zug rauf und runter, und vor allem sollte es keine „Firnstapferei“ werden, die mittlerweile so in Mode gekommen ist.
Mittwoch früh starteten Flo, Jürgen (ein Eiskletterkünstler und weiterer Partner von Flo) und ich Richtung Sulden. Noch am Nachmittag spurte ich vom Ort unten direkt zum Einstieg der Wand, um mich ein wenig von der Fahrt aus zu lockern, den Weg für die Nacht zu markieren, die Verhältnisse zu begutachten
und mich für die nächsten kommenden Stunden einzustimmen.
Nach einer kurzen Nacht im Schlafsack mit Blick auf die sternenbeleuchtete Wand starteten wir bereits um 0030 Uhr. Mit den Schiern ging`s bis auf 2.600 m rauf. Wir wechselten auf die Steigeisen und stiegen bis knapp unter den „Flaschenhals“ seilfrei auf. Das nun beginnende Blankeis präsentierte sich dunkel und sehr spröde. Die Eisverhältnisse waren durch die sehr kalten Tage davor recht anspruchsvoll.
Wir kletterten nun am Seil und meist gleichzeitig, um Zeit zu sparen. Eine zweite Seilschaft war hinter uns, die aber unterm Flaschenhals wieder umdrehte.
Jürgen, der sich uns kurzfristig an schloss, war ein perfekter dritter Mann. Beide Partner sind im Eisfall um Klassen besser als ich, umso mehr freute es mich, als mir Flo den Vorstieg anbot. Immer wieder steilte sich die Wand vor uns auf und
einige Stellen davon hatten schöne 70° Neigung. Beschreibungen der Wand mit 50 bis 55° können von uns nicht bestätigt werden.
Ein wunderbarer Sonnenaufgang im oberen Drittel der Wand und ein sagenhaftes Panorama begleiteten uns zum Gipfel. Kein Eis- oder Steinschlag störte unser Klettern. Nur die Höhe und der lange Aufstieg machten sich bemerkbar und die sonst so gewohnte Schnelligkeit von Flo nahm durch eine von ihm diagnostizierte Erkältung merkbar ab (tags darauf wurde eine massive Mittelohrentzündung im KH bei ihm festgestellt… :-().
Nach acht Stunden Kletterzeit standen wir ALLEINE am Gipfel des Ortler- eine Fernsicht zum „Niederknien“, Sonne pur und kein Wind ließ uns da oben länger verweilen, als geplant. Die Abfahrt über die Minnigeroderinne Richtung Süden als die schnellste Abstiegsmöglichkeit nach Sulden verschoben wir auf ein
nächstes Mal und traten statt dessen die Abfahrt über die Berglhütte nach Trafoi runter an. Ein Verhau unter der Berglhütte bescherte uns noch einen ungeplanten Wiederaufstieg und ein vorgezogenes „lustiges Ostereiersuchen“ (Motto: „wer findet zuerst den Weg runter“).
Flo und Jürgen gewannen und lagen schon halbnackt unten in der Sonne, als ich schnaufend und schwitzend auch endlich ankam. Während der gesamten Tour sah ich die beiden nur hinter mir, aber wehe, wenn die Jungs das TAB (Tourenabschlußbier) riechen! Dann ist`s vorbei mit der Höflichkeit und auch der gebührliche Respekt vor dem Ältesten wird dann glatt vergessen… :-)).
Zwei äußerst nette Kollegen, die wir beim Abstieg trafen, führten mich retour nach Sulden, wo unser Auto stand. Die Freunde holen, Ausrüstung verstauen (unglaublich, was Flo für diese zwei Tage so mitnahm) und die lange Fahrt Richtung Heimat antreten, waren die folgenden Tätigkeiten. Die Zusage an unsere Frauen, das lange Osterwochenende zu Hause mit der Familie zu verbringen, hielten wir natürlich ein.
Totmüde, mit brennenden Waden und Oberschenkeln kamen wir nach Mitternacht zu Hause an und beendeten so diesen langen Hammertag.
Danke an meinen Freunde Flo und Jürgen für`s Mitnehmen!
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die Fotos könnt ihr hier sehen…
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.hier gehts zum Gschichtl auf www.thamer.at…
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